150 Wanderer vom Sturm in der Marienschlucht überrascht

Ungewöhnliche Rettungsaktion in der Marienschlucht: 150 Wanderer mussten vor dem Sturm per Boot gerettet werden. Was genau in dem beliebten Ausflugsziel fehlte, blieb lange unklar.

Ungewöhnliche Rettungsaktion in der Marienschlucht: Nach einem Polizeibericht mussten am Sonntagmittag rund 150 Wanderer per Boot gerettet werden. Die anderen Wege aus der Schlucht sollen zu dem Zeitpunkt nicht mehr begehbar gewesen sein. Grund dafür war ein Sturm der Windstärke 10, der die Wasserschutzpolizei und die DLRG den gesamten Sonntag auf Trab gehalten hatte. „Es waren sämtliche Einheiten unterwegs“, so Thomas Böhler, Vorsitzender der DLRG Dettingen-Dingelsdorf. Es sei der stärkste Sturm gewesen, den er in den vergangenen 30 Jahren mitbekommen habe, so Böhler.

Eine Rettungsaktion dieses Ausmaßes klingt erstaunlich. Aber was wirklich an diesem Sonntagmittag in einem der beliebtesten Touristenziele der Region passiert ist, bleibt lange unklar. Von der Polizei in Konstanz und Stockach, über DLRG und Wasserschutz bis hin zu den für die Marienschlucht zuständigen Gemeinden wusste zunächst niemand etwas Genaues.

MS Großherzog Ludwig legte planmäßig an der Marienschlucht an

Erst gegen Montagmittag kommt langsam Licht in die Sache. Ein Sprecher der Wasserschutzpolizei verweist auf das Linienboot MS Großherzog Ludwig und dessen Schiffsführer Clemens Mauch, der auf Bitte der Stockacher Polizei den Rettungseinsatz durchgeführt habe. Nachdem gegen 12 Uhr mittags das Gewitter eingesetzt habe, sei Mauch durch das Wetter leicht verspätet weiterhin auf seiner normalen Route von Bodman nach Ludwigshafen gewesen, als ihn der Hilferuf gegen 12.50 Uhr erreichte.

Rund eine halbe Stunde später legte demnach die MS Großherzog Ludwig planmäßig nach Linienverkehr an der Marienschlucht an, wo die wartenden und meist „komplett durchnässten“ Wanderer, wie es Schiffsführer Mauch beschreibt, das Boot bestiegen. Mauch beschreibt die Situation an der Anlegestelle folgendermaßen: „Die Landestelle sah eigentlich normal aus.“ Die Wartenden seien „durch die Bank weg froh gewesen auf dem Boot zu sein“ – einige hätten wirklich Angst gehabt. „Unterm Strich war der Sturm aber bereits abgeklungen. Das Schlimmste hatten sie wohl schon hinter sich“, fügt Mauch hinzu.

Nicht ganz so ruhig hingegen nimmt Harald Seidler, Ortsbaumeister der Gemeinde Allensbach, den Vorfall am Montagmorgen zur Kenntnis. Umgehend unternimmt er einen Erkundungsausflug zur Marienschlucht und stellt vor Ort verblüfft fest: „Die Lage ist völlig entspannt.“ Nach seinem Kontrollgang von der Bootsanlegestelle bis zum Parkplatz Langenrain resümiert Seidler: „Es bestand keine Gefahr durch umgefallene Bäume.“ Genau das hatte aber laut Polizei mit zu der ungewöhnlichen Rettungsaktion geführt.

In einem Gespräch mit Svetlana Postian, der Pächterin des Kiosks an der Landestelle, klärt sich das Geheimnis um den Vorfall weiter. Wegen des Gewitters hätten immer mehr Wanderer im Kiosk Schutz gesucht. Bald seien die Kapazitäten des Kiosks erschöpft gewesen und die unzufriedene, durchnässte Masse habe sich vor dem Kiosk gesammelt. Die Leute hätten begonnen ihrem Unmut Luft zu machen, während Kinder weinten, Bäume knarrten und ein paar Äste zu Boden fielen. So habe sich die Stimmung aufgeheizt. Die Kioskpächterin habe versucht zu schlichten und auf die kommende Fähre verwiesen. „Alle haben sich gegenseitig hochgeschaukelt, bis ein Mann die Polizei anrief. Ich fühlte mich etwas überfordert.“, gesteht die Frau. Letztlich konnten alle Wanderer mit dem Schiff in Sicherheit gebracht werden.

Die Marienschlucht

Das Areal der Marienschlucht ist Eigentum von Wilderich Graf von und zu Bodman. Eine Wanderung durch die Schlucht zählt zu den beliebtesten Ausflügen in der Region. Nach aktuellen Zählungen begehen rund 150 000 Besucher pro Jahr die Marienschlucht. Anlass für die touristische Erschließung 1897 war die Verlobung von Maria Gräfin von Walderdorff mit Othmar, dem Sohn von Johann Franz Freiherr von Bodman; daher auch der ursprüngliche Name Maria-Schlucht.

(Matti Steimer/Südkurier v. 06.08.13)

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