Motorschiff "Säntis" und seine Halbschwestern

Nach 60 Jahren immer noch eine flotte Einheit

Insgesamt wurden bisher zwei Schiffe nach dem Namen des Hausberges der Bodenseeregion benannt. Die erste "Säntis" aus dem Jahre 1892 war ein kleinerer Halbsalondampfer, der am 2. Mai 1933 wegen der damals sehr niedrigen Schrottpreise kurzerhand im 200 Meter-Graben versenkt wurde. Der Dampfer "Säntis" war eines der wenigen Bodenseschiffe, das mit einer Drei-Zylinfer-Dreifach-Expansions-Maschine der Erbauerfirma Escher Wyss & Cie ausgerüstet war. Kaum noch bekannt sein dürfte, dass die "Säntis" im Jahre 1921 als erstes Bodenseeschiff überhaupt, auf eine Schwerölfeuerung umgestellt wurde.

Nach 1933 verschwand der Namen "Säntis" auf unbestimmte Zeit vom Bodensee. Erst im Jahre 1955 wurde von der damaligen Kreisdirektion III der Schweizerischen Bundebahnen  in Zürich beschlossen, den vorhandenen Schiffspark der Romanshorner Bodenseeflotte durch ein Neubauschiff mittlerer Größenordnung zu ergänzen. Die neue Einheit wurde am 4. Juni 1956 in Dienst gestellt und von der Tochter des Gemeindeammans von Herisau feierlich auf den Namen "Säntis" eingeweiht. Mit der "Säntis" entstand eine ganze Serie bauartgleicher Motorschiffe aus der Bodanwerft in Kressbronn. Prototyp war das 1955 für den Zürichsee erbaute Motorschiff "Glärnisch". Fast paralell mit dem gleichnamigen Bodenseeschiff entstand auch eine "Säntis" für den Zürichsee, das von den Einheimischen scherzeshalber als "Appenzellerschiff" bezeichnet wird. Es folgten die "Interlaken" für den Brienzer- und das MS "Niederhorn" für den Thunersee,  Das 1958 in Dienst gestellte Motorschiff "Grünten", das 1964 in "Lindau" umbenannt wurde, ersetzte damals bei der Lindauer Fotte den 66 Jahre alt gewordenen Radampfer "München" ex "Rupprecht". Das Motorschiff  "Lindau" wurde 2004 ausgemustert und nach längerer Liegezeit in Fussach verschrottet. Seit 2006 verkehrt auf dem Bodensee ein neues Schiff ubnter diesem Namen.

Auch nach 60 Betriebsjahren ist dem  Motorschiff "Säntis" als kleinste Einheit der Romanshorner Bodenseeflotte sein Alter kaum anzusehen. Die beiden Hauptmotoren der Lokomotivenfabrik Winterthur (SLM) mit einer Leistung von 2 x 300 PS leisten immer noch zuverlässige Dienste und verleihen der "Säntis" eine Hochtsgeschwindigkeit bis zu 27 km/h. Das Schiff ist für 320 Personen für Kurs- und Sonderfahrten zugelassen. Um bei Bedarf auch den Alten Rhein nach Rheineck befahren zu können, wurde die "Säntis" identisch den Schiffen auf dem Thuner- und Brienzersee mit einem Bugruder ausgerüstet.

Eigentlich war die "Säntis" als Flottenerweiterung vorgesehen. Aber mit dem neuen Schiff gingen die Fahrleistungen des Dampfers "St, Gallen", obwohl noch vier Jahre zuvor auf Schwerölfeuerung umgestellt, drastisch zurück. Während das Schwesterschiff "Rhein" noch regelmässig eingesetzt wurde, beschränkten sich die Fahrten der "St. Gallen" nur noch auf wenige Sonntage im Hochsommer. Am 4. September 1960 verabschiedete sich die "St. Gallen" dann endgülitg vom Bodensee. Schon am Tag darauf begannen die Abbrucharbeiten, die bis zum Monatsende beendet waren. Inzwischen hat die "Säntis" den Dampfer "St. Gallen" schon um fünf Jahre überlebt und wird noch viele weitere Jahre ein fröhliches und unbeschwertes Ausflugspublikum  über den See tragen.

(Karl F. Fritz)

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