MS Austria seit 70 Jahren auf dem Bodensee

Am 24. September 1939, drei Wochen nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde der Neubau MS "Ostmark" von der Werft an die Deutsche Reichsbahn übergeben. Die Tauffeierlichkeiten im Bregenzer Hafen wurden wegen der Kriegsereignisse ohne großes Aufsehen begangen. 

Bereits im Jahr 1928 hatten die Österreichischen Bundesbahnen mit dem Bau des MS "Oesterreich" einen Meilenstein in der Geschichte der Bodenseeschifffahrt und in der Entwicklung von Motorschiffen gesetzt. Diesem ersten "großen" Dieselmotorschiff folgten bis 1937 zehn weitere Großmotorschiffe und sechs mittelgroße Schiffe für die Schiffsbetriebe in Deutschland und in der Schweiz.
Nachdem 1931 der Dampfer "Feldkirch" (ex. Maria Theresia) und 1937 das Dampfschiff "Dornbirn" (ex. Kaiser Franz Josef I.) ausgemustert worden waren, bestand dringender Bedarf für ein neues Salonschiff.
Durch die zwischen dem 01. Juni 1933 und dem 28. August 1936 vom Deutschen Reich gegen Österreich verhängte Wirtschaftssanktion (1000-Mark-Sperre), bei der deutsche Bürger nur gegen eine Zahlung von 1.000 Reichsmark (heute etwa 10.000 €) nach Österreich ausreisen durften kam der österreichische Schiffsverkehr fast völlig zum erliegen und die Auftragsvergabe für den Schiffsneubau verzögerte sich bis 1937.

Der Bauauftrag ging wie schon beim MS "Oesterreich" an die Schiffswerft Korneuburg (Donau) bei Wien. Der Neubau wurde als Dreideck-Motorschiff mit umlaufenden Galerien geplant. Bei der Raumeinteilung orientierte man sich bei den Reichsbahn-Neubauten MS "Karlsruhe" und MS "Schwaben", man entschied sich aber aufgrund des Einsatzes im Obersee für eine höhere Motorenleistung für den Voith-Schneider-Propellerantrieb.
Anfang Januar 1939 wurde im Bregenzer Trockendock der Kiel für das neue Schiff gelegt. MS "Ostmark" war das größte und zugleich letzte Fahrgastschiff das in dieser, am Bodensee einmaligen Werftanlage gebaut wurde. Das neue Schiff beanspruchte die vollen Ausmaße des Docks und man kann heute noch die Lage der Schleusentore an der geknickten Form des Hecks von MS "Austria" erkennen. 


MS "Ostmark" im Bregenzer Trockendock im Frühjahr 1939

Während der Bauzeit verließ das Schiff zweimal den Bregenzer Hafen. Ende Mai 1939 wurden in der Werft in Lindau die Antriebspropeller eingebaut, Anfang Juli hob der Romanshorner Werftkran die beiden Sulzer-Motoren in den Schiffsrumpf. Wegen des hohen Wasserstandes mussten Teile der Aufbauten entfernt werden um die Motoren einbauen zu können. Am 15. August 1939 erfolgte der Stapellauf.

Von den Österreichischen Bundesbahnen war für den Neubau der Name "Austria" vorgesehen. Nachdem Österreich mittlerweile Teil des nationalistischen Deutschlands und die Österreichische Schifffahrt der Deutschen Reichsbahn einverleibt worden war, erhielt der Neubau den Namen "Ostmark".

MS "Ostmark" war zu Beginn seiner Karriere keine glückliche Zeit beschert. 1939 wurde das Schiff noch für einige wenige Kurs- und Sonderfahrten eingesetzt. Zum 01. Januar 1940 wurde die Schifffahrtsinspektion Bregenz aufgelöst und die gesamte österreichische Schiffsflotte dem Maschinenamt Lindau unterstellt und die Schiffe größtenteils in Lindau stationiert. 1941 lag MS "Ostmark" ohne Einsatz im Lindauer Hafen, ab 1942 wieder in Bregenz. Am Ende des Zweiten Weltkrieges, als die französische Armee kurz vor dem Bodensee lag, sollten aufgrund eines Befehls der NS-Machthaber die Schiffe in den Häfen Lindau und Bregenz versenkt werden, damit sie dem Feind nicht in die Hände fallen konnten. In der heute legendären Rettungsaktion wurde MS "Ostmark" in der Nacht auf den 26. April 1945 vom Dampfschiff "Stadt Bregenz" nach Romanshorn geschleppt und dort interniert. Die mutigen Schiffsbesatzungen, die für diese Aktion ihr Leben riskiert haben, mussten ins Deutsche Reich zurückkehren. 
Am 29. Juli 1945 kam MS "Ostmark" nach einem Aufenthalt in Friedrichshafen in seinen Heimathafen zurück. Am 19. Mai 1946 durfte das Schiff endlich unter seinem ursprünglichen Namen "Austria" wieder in See stechen. 


MS Austria auf einer Sonderfahrt im Mai 1946

Nachdem Diesel immer noch sehr knapp war, wurde MS "Austria" in den ersten Jahren nach dem Krieg nur wenig eingesetzt. Dies änderte sich erst ab Beginn der 50er Jahre.

Ein Höhepunkt in der Geschichte von MS "Austria" waren die Wettfahrten um das Blaue Band des Bodensees. Bei diesen zwischen 1950 und 1954 veranstalteten Wettfahrten zwischen den Dampf- und Motorschiffen auf der Strecke "alte Rheinmündung" - Hafen Lindau errang das Schiff 1950. 1951 und 1953 souverän den ersten Platz. Bei den Rennen 1952 und 1954 nahm MS "Austria" nicht teil. Bei der Neuauflage dieser Rennen im April 2003 ging es neben der Geschwindigkeit auch um die Geschicklichkeit der Besatzung und die Manövrierfähigkeit der Schiffe. MS "Austria" konnte zusammen mit dem MS "Vorarlberg" wieder das "Blaue Band" erobern.

Nachdem das Schiff im Laufe seiner Dienstzeit immer wieder modernisiert und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht worden ist, erfreut sich die "Austria" auch heute noch großer Beliebtheit und ist das meist eingesetzte Kursschiff der Bregenzer Flotte. MS "Austria" ist in der Saison fast täglich auf den Oberseekursen zwischen Bregenz und Konstanz unterwegs und wird auch für viele Sonderfahrten verwendet.


MS Austria im August 2009 vor Lindau


Wir wünschen dem Schiff noch viele glückliche Jahre auf dem Bodensee und eine stets unfallfreie Fahrt.

(Bodenseeschifffahrt.de v. 23.09.09 / SW-Bilder: Archiv Dieth, Bregenz)

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