Das war 2021...
Ein
Rückblick auf die Bodenseeschifffahrt 2021
Das zweite von der Covid-19-Pandemie geprägte Jahr geht zu Ende und wir werfen einen Blick zurück auf die Geschehnisse bei der Bodenseeschifffahrt in den letzten 12 Monaten.
Nachdem mit Beginn der
zweiten Corona-Welle in Mitteleuropa der Schiffsverkehr Ende Oktober
2020 eingestellt worden war, fanden in der Adventszeit 2020 und zum
Jahreswechsel keine Sonderfahrten statt. Die Auto- und Personenfähren
zwischen Friedrichshafen und Romanshorn, sowie Konstanz-Staad und
Meersburg verkehrten teilweise nach einem eingeschränkten Fahrplan,
ebenso die Bodensee-Katamarane zwischen Friedrichshafen und Konstanz,
sowie die Personenfähre zwischen Überlingen und Wallhausen.
Die
Schiffsbetriebe nutzten die ruhige Winterzeit für
Überholungsarbeiten an den Schiffen, bei vielen Betrieben mussten die
Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen. In den Wintermonaten waren aufgrund
der Coronabeschränkungen nur Schifffahrten im Rahmen des öffentlichen
Nahverkehrs möglich.
Das MS Thurgau der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG (SBS) war mehrere Monate als "Thurgauer Impfschiff" unterwegs und lag abwechselnd in den Häfen Romanshorn, Arbon und Kreuzlingen. An Bord war ein Impfzentrum des Schweizerischen Kantons Thurgau eingerichtet, welches sehr gut angenommen wurde. Im Frühjahr wurden weitere Fahrgastschiffe am Bodensee als schwimmende Testzentren für Covid-19-Infektionen verwendet.
Von Ende Februar bis Ende März 2021 wurde der letzte Schaufelraddampfer des Bodensees die "Hohentwiel" in der SBS-Werft in Romanshorn überholt. Zu diesem Zweck wurde das Dampfschiff vom Museumsschiff "Oesterreich"
von Hard nach Romanshorn geschleppt bzw. geschoben und nach dem
Werftaufenthalt wieder zurückgebracht. Der Jahresbeginn 2021 brachte
bei der historischen Bodensee-Schifffahrt einige Veränderungen mit
sich:
Das SD Hohentwiel gehört dem Verein Internationales
Bodensee-Schifffahrtsmuseum e. V., das MS Oesterreich dem Förderverein
Museumsschiff Oesterreich e. V., welcher aus dem Freundeskreis MS Österreich hervorgegangen ist.
Die "Hohentwiel" wurde seit Ihrer Wiederinbetriebnahme von der
Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft mbH betrieben. Für den Betrieb der
MS Oesterreich wurde 2016 die Museumsschiff Oesterreich GmbH gegründet.
Beide Gesellschaften betrieben zusammen die Museumsgastronomie GmbH,
welche für die Bewirtung der beiden Schiffe zuständig war. Nach den
verlustreichen Jahren 2019 und 2020 drohte den Betriebsgesellschaften,
sowie der Museumsgastronomie der Gang in die Insolvenz. Nach
kontroversen und emotionalen Diskussionen aller Beteiligten wurde die
Gründung einer neuen Betriebsgesellschaft mit einer schlankeren
Verwaltungsstruktur beschlossen. Mehrere Vorstandsmitglieder und der
langjährige Geschäftsführer und Kapitän der Hohentwiel Adolf Konstatzky
traten von ihren Ämtern zurück.
Seit 01.06.2021 werden die beiden Museumsschiffe von der neu-geründeten
Gesellschaft "Historische Schifffahrt Bodensee" mit Sitz in Hard
betrieben. Die bisherigen Gesellschaften sind in der neuen GmbH
aufgegangen. Neben dem bisherigen Mitgesellschafter der Gemeinde Hard
ist die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft SBS mit einem
Anteil von 20% dazugekommen. Neuer Geschäftsführer ist Benno Gmür, der
bereits bei der finanziellen Sanierung der Schifffahrtsgesellschaft
Untersee & Rhein erfolgreich tätig war, Robert Kössler wurde zum
neuen Oberkapitän ernannt.
Mit Beginn der
Impfungen gegen das Coronavirus und dem Rückgang der Zahl der
Infizierten stieg bei den Verantwortlichen der
Schifffahrtsgesellschaften die Hoffnung auf einen normalen Saisonbeginn
Anfang April an den Osterfeiertagen. Leider machte ein erneuter Anstieg
der Infektionszahlen diese Hoffnung teilweise zunichte. Vor allem in
Deutschland wurden die Maßnahmen zum Schutz vor Corna wieder
verschärft, wovon auch die Ausflugsschifffahrt betroffen war. Während
die Schweizerischen Schiffsbetriebe Rundfahrten am eigenen Ufer bzw.
Kursfahrten zwischen den Schweizer Anlegestellen am Untersee und Rhein
anbieten durften, mussten die deutschen Schiffe in den Häfen bleiben.
Die Vorarlberg Lines Bodenseeschifffahrt in Bregenz durfte ebenfalls
nur Rundfahrten ab österreichischen Landestellen anbieten.
Auf deutscher Seite war zunächst der 19. April als Tag für den
verspäteten Saisonstart angedacht, aufgrund der Coronalage musste der
Saisonstart auf Anfang Mai verschoben werden, die diesjährige
Internationale Flottensternfahrt wurde wiederum abgesagt.
Nachdem der
Bodenseepegel Anfang Februar einen jahreszeitlichen Rekordstand
erreicht hatte, fehlten Ende April 2021 mehrere Zentimeter Wasserstand,
um den Schiffsverkehr auf dem Alten Rhein aufnehmen zu können. Auch auf
dem Hochrhein musste der Schiffsverkehr zwischen Diessenhofen und Stein
am Rhein wegen Niedrigwassers eingestellt werden. Am 01.05.2021 wurde
die neue Stedi in Ermatingen im kleinen Kreis eingeweiht. Bereits seit
Juni 2020 legen dort Kursschiffe der Schifffahrtsgesellschaft Untersee
& Rhein URh an. Diese neu-gestaltete Hafenanlage ist auch die neue
Heimat des MS Kreuzlingen, einem ehemaligen Fahrgastschiff der URh, dass dort als Restaurant-Schiff verankert ist, aber auch zu Sonderfahrten ausläuft.
Am 13.05.2021 dem Feiertag Christi Himmelfahrt durften auch ab den
deutschen Häfen und Anlegestellen wieder Kurs- und Rundfahrten
angeboten werden. Mit Ausnahme der Anlegestellen am Untersee und Rhein
war ein grenzüberschreitender Kursverkehr aber noch bis zum 20.05.2021
untersagt.
Auch der Fahrplan bei den Bodensee-Fähren und dem Bodensee-Katamaran
wurde Ende Mai wieder verdichtet. Ab Pfingsten galt bei den meisten
Schiffsbetrieben wieder der reguläre Fahrplan.
Nachdem es im Bereich der Gastronomie nach wie vor coronabedingte Einschränkungen gab, wurden zahlreiche Sonderfahrten während der Saison abgesagt. Auch die beliebte Partyfähre stach nur für wenige Fahrten im Juli und August in See. Fast alle Seenachtsfeste wurden abgesagt und damit auch die Zuschauerschiffe zu den Feuerwerken. Trotz der durchwachsenen Witterung im Sommer 2021 wurden die Schiffe gut besucht. In Überlingen wurde die Landesgartenschau Baden-Württemberg nachgeholt und in Lindau fand parallel die bayerische Landesgartenschau statt. Auch auf der Bregenzer Seebühne durfte wieder gespielt werden, so dass zahlreiche Gäste die Aufführungen der Verdi-Oper "Rigoletto" mit den Bodenseeschiffen besuchen konnten. Die Landestelle Marienschlucht am Überlinger See wurde neu gebaut und kann seit 03.07.2021 wieder im Rahmen des Kursverkehrs zwischen Bodman und Überlingen angelaufen werden.
Die Kursschifffahrtssaison endete bei allen Schiffsbetrieben planmäßig. Aufgrund des gesunkenen Seepegels musste der Schiffsverkehr im Oktober auf dem Rhein wieder eingeschränkt werden, Mitte Juli hatte der Pegel noch an der Hochwassermarke gekratzt.
Im Herbst fanden noch
einige Sonderfahrten statt. Aufgrund der im November stark ansteigenden
vierten Coronawelle wurden die meisten Sonderfahrten bis Jahresende in
Deutschland und Österreich abgesagt. In der Schweiz dürfen Gäste mit
einem gültigen Covid-Zertifikat an Sonderfahrten teilnehmen und die
schweizerische Bodensee-Fähre nutzen. Auf der deutschen Fähre gilt die
3-G-Regel. Aufgrund des Lockdowns in Österreich von Ende November bis
Mitte Dezember wurden alle Fahrten ab den österreichischen Häfen
abgesagt. Leider wurden auch die meisten Weihnachtsmärkte abgesagt oder
vorzeitig beendet, so dass auch Sonderfahrten mit diesen Zielen
gestrichen wurden.
Ab Bregenz, Rorschach und Romanshorn werden einzelne Sonderschiffe in
der Silvesternacht in See stechen, die Fahrten ab deutschen Häfen
wurden alle abgesagt.
Leider blieb die Bodenseeschifffahrt auch im Jahr 2021 nicht von Unglücken und Unfällen verschont:
Bereits zwei Tage nach dem Saisonstart auf dem Rhein kam es am
Ostersonntag, dem 04.04.2021 zu einem tödlichen Unfall bei
Diessenhofen. Das von Schaffhausen nach Kreuzlingen verkehrende
Kursschiff "Thurgau"
erfasste bei Diessenhofen eine Taucherin und verletzte diese tödlich.
Die Schiffsbesatzung war über den Tauchgang nicht informiert worden.
Die Leiche der als vermisst gemeldeten Taucherin wurde kurze Zeit
später bei der Diessenhofener Rheinbrücke gefunden. Gegen den
Veranstalter des Tauchganges wurde Anklage wegen einer fahrlässigen
Tötung erhöben, da er verschiedene Sorgfaltspflichten nicht eingehalten
hat.
Am 08.05.2021 bricht im Maschinenraum von MS St. Gallen
ein Feuer während einer Kursfahrt von Arbon nach Rorschach aus. Das
Schiff läuft sofort den Landesteg von Horn an, wo Passagiere und
Besatzung evakuiert werden. Durch die eingebaute CO²-Löschanlage kann
das Feuer erstickt werden. Die alarmierten Feuerwehrkräfte entlüften
den Maschinenraum. Zur Ursache der Rauchentwicklung gibt es von Seiten
der SBS keine Auskünfte, ebensowenig zum entstandenen Schaden.
Mehrere Sturmtiefs zogen in diesem Jahr über den Bodensee und brachten
so manchen Freizeit-Skipper in Bedrängnis. Aber auch die Fahrt bei
Sturm auf Fahrgastschiffen ist für die Besatzung und Passagiere oftmals
aufregend. Von einer stürmischen Überfahrt mit dem Katamaran von
Konstanz nach Friedrichshafen am 06.07.2021 berichtet der SÜDKURIER.
Bei dieser stürmischen Überfahrt drang Seewasser durch die vorderen
Türen in den Innenraum von KAT Constanze und im Bordbistro ging einiges an Geschirr und Waren zu Bruch.
Am Montag, 09.08.2021 kam es aufgrund eines vergessenen Herdes zu einem
Brand im Tickethäuschen an der Landestelle Hagnau. Es entsteht
beträchtlicher Schaden an der Einrichtung.
Glücklicherweise handelte es sich beim Eingreifen eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) an Bord von MS München
am 10.11.2021 nur um eine Übung auf dem Überlinger See. Die
Spezialeinsatzkräfte trainieren die Befreiung von Geiseln und die
Bekämpfung von Terroristen und werden dabei von einem Hubschrauber auf dem
Schiff abgesetzt. Weitere Kräfte erreichen das Schiff mit
Schnellbooten.
Am 02.12.2021 streift eine Fähre beim Einlaufen in den Hafen von Friedrichshafen die Motorschiffe "Graf Zeppelin" und "Konstanz",
welche an den Anlegeplätzen 4 und 6 festgemacht sind. Die Ursache ist
noch unklar. Es entsteht ein beträchtlicher Schaden an den Schiffen.
Zum Glück werden keine Personen verletzt.
Bleibt noch ein Blick voraus auf das Jahr 2022. Die vierte Coronawelle
hat gerade ihren Höhepunkt überschritten und Experten rechnen trotz
steigender Impfzahlen mit einer fünften Welle in naher Zukunft. Ob die
Bodenseeschifffahrt im kommenden Jahr pünktlich an Ostern in die Saison
starten kann, bleibt abzuwarten. In wirtschaftlicher Hinsicht war die
Saison 2021 zwar besser als die erste Coronasaison 2020, aber die
Umsatz- und Gewinnzahlen sind weit von denen normaler Jahre entfernt.
In wie weit sich diese finanziellen Einbußen bei den einzelnen
Schiffsbetrieben auswirken werden, wird man erst in den kommenden
Jahren sehen können. Die SBS hat die notwendigen Sanierungsarbeiten an
ihren Oldtimerschiffen "Thurgau" und "Zürich" zurückstellen müssen.
Der Bau der neuen Gasfähre für die Stadtwerke Konstanz ist im Jahr 2021
ins Stocken geraten und ruht derzeit nach der Insolvenz der Bauwerft
Pella Sietas aus Hamburg. Das unfertige Schiff liegt nach wie vor im
Fährhafen von Konstanz-Staad. Nachdem ein Weiterbau durch die Bauwerft
unwahrscheinlich geworden ist, wird das neue Jahr zeigen, wie es mit
dem Schiff weitergeht und wann es endlich aus eigener Kraft in See
stechen kann.
Die Bodensee-Schiffsbetriebe BSB haben einen großen Plan, weg zu kommen
von Antrieben mit fossilen Brennstoffen. Neben dem Bau neuer Schiffe
umfasst dieser Plan auch die Neumotorisierung bestehender Einheiten.
Ein Pilotprojekt läuft hierzu mit dem MS Bayern,
welches auf einen Antrieb mit synthetischem E-Fuel umgerüstet werden
soll. In der Werft Ostseestaal in Stralsund entstehen derzeit Teile für
das erste Elektroschiff der BSB. Die fertigen Teile sollen im Frühjahr
in der Werft in Friedrichshafen zusammengebaut werden. Das neue
E-Schiff mit dem Projektnamen "Artemis" wird als Katamaran gebaut und
soll ab Sommer 2022 auf der Strecke Unteruhldingen - Insel Mainau zum
Einsatz kommen. Ihm soll in den nächsten Jahren ein zweiter E-Katamaran
folgen.
Die Schifffahrtsgesellschaft Untersee & Rhein suchen ab der Saison
2023 einen neuen Gastronomiepartner, nachdem der bisherige Partner
seinen Vertrag aufgrund eines Generationswechsels zum Jahresende 2022
gekündigt hat.
Am 30.12.2021 endet eine langjährige Karriere bei der
Bodenseeschifffahrt. Erich Hefti, Oberkapitän bei der Schweizerischen
Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft SBS tritt zum Jahreswechsel in den
Ruhestand ein. Er war fast 41 Jahre für den Schiffsbetrieb tätig und
trat in die Fußstapfen seines Vaters. Im Februar 1981 begann er seine
Laufbahn als Werftarbeiter bei den Schweizerischen Bundesbahnen und war
in den letzten Jahren als Oberkapitän für die Leitung des
Schiffsbetriebes und die Ausbildung zahlreicher Mitarbeiter an Bord
verantwortlich.
Damit beschließe ich diesen besonderen
Jahresrückblick. Mein Dank gilt wieder allen Besuchern und
Unterstützern dieser Internetseite. Herzlichen Dank an alle
Schiffsbetriebe und Medien am Bodensee für die Zusammenarbeit und
Unterstützung im vergangenen Jahr.
Vielen Dank an alle Freunde der Bodenseeschifffahrt, die mich auch in diesem
Jahr und in den letzten, bald 22 Jahren mit vielen schönen aktuellen und
historischen Bildern und Beiträgen unterstützt haben. Etwa 405.000 Besucher
haben im Jahr 2021 unsere Seiten besucht. Einzelne Seiten wurden mehr als 2,2 Millionen mal aufgerufen.
Herzlichen Dank - auch allen Besuchern unseres
Facebook-Auftrittes und unseres
Forums für die Besuche und Beiträge.
Ich versuche Sie auch trotz Familienzuwachs im Jahr 2022 aktuell über die Bodenseeschifffahrt zu informieren
und freue mich über zahlreiche Besucher auf Bodenseeschifffahrt.de.
Ich wünsche Ihnen/Euch allen einen guten Start in ein erfolgreiches und
glückliches Jahr 2022
und wieder viele schöne Stunden am und auf dem Bodensee. Bleiben Sie bitte alle
gesund!
Florian Scholz
(Bodenseeschifffahrt.de v. 31.12.21)
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