Zum 75. Geburtstag von MS Thurgau

Nur wenige Tage nach den Geburtstagen der deutschen Motorschiffe "Karlsruhe" und "Schwaben" gibt es auch in Romanshorn Anlass zum feiern.
Das älteste Motorschiff der Romanshorner Flotte wird 75.


Der Stapellauf der "Thurgau" im April 1932 in Kressbronn
(Bild: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern)

1925 wurde auf der Bodan-Werft in Kressbronn das erste Diesel-Motorschiff für den Bodensee gebaut, das MS Konstanz. Bereits ein Jahr später stellte die Deutsche Reichsbahn mit dem MS Stadt Radolfzell ihr erstes Motorschiff in Dienst. Die Österreichischen Bundesbahnen waren 1928 die erste Schifffahrtsgesellschaft mit einem Zweideck-Motorschiff das den Namen "Oesterreich" erhielt und noch heute verkehrt.
Die Schiffsflotte der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) bestand im Jahr 1931 aus den fünf Dampfschiffen "Helvetia (III)", "Säntis", "St. Gotthard", "St. Gallen (II)" und "Rhein (III)". dem Dienstboot "Hecht" und mehreren Motortrajektkähnen für den Eisenbahnfährverkehr.
Bei den ältesten Schiffen "Helvetia" und "Säntis" war in den zwanziger Jahren der schlechte Zustand der Kesselanlage festgestellt und die Betriebsbewilligung nur noch bis 1933 erteilt worden.

Nachdem 1930 und 1931 die Schiffe "Rhein" und "St. Gallen" von der Bodan-Werft umgebaut und modernisiert worden waren, wurde für 1932 und 1933 der Neubau von zwei Motorschiffen beschlossen. Der Bauauftrag ging wiederum an die Werft in Kressbronn. Dort entstand im Winter 1931/1932 das erste schweizerische Zweideckmotorschiff, das im April zu Wasser gelassen und am 10. Mai 1932 feierlich in Dienst gestellt wurde. Vielleicht angelehnt an die Tradition, erhielt das erste Motorschiff der SBB den Namen des ersten Dampfschiffs der SBB "Thurgau", das bereits 1911 abgebrochen wurde. Das neue MS Thurgau nahm am 15. Mai 1932 seinen Dienst auf und wurde zunächst überwiegend für Sonderfahrten eingesetzt. Im gleichen Jahr wurde der Dampfer "Helvetia" stillgelegt und im Obersee versenkt. 1933 wurde das Schwesterschiff MS Zürich in Dienst gestellt und der Dampfer "Säntis" ausgemustert.

Bald wird der Querverkehr zwischen Romanshorn und Friedrichshafen zum Haupteinsatzgebiet der "Thurgau". Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges gab es zunächst keine nennenswerten Einschränkungen im schweizerischen Schiffsverkehr. Aber am 04. Juni 1940 wurde der Schiffsverkehr zwischen der Schweiz und Deutschland eingestellt. Da auch in der Schweiz Dieseltreibstoff knapper war als Kohle, wurden für die verbleibenden Fahrten am Schweizer Ufer nur noch die Dampfschiffe  "St. Gallen" und "Rhein" eingesetzt. Nachdem mit einem Angriff auf die Schweiz gerechnet werden musste, wurden die Schiffe vorbereitet um im Notfall für die Sperrung der Hafeneinfahrten versenkt werden zu können.
Glücklicherweise überstand MS Thurgau den Krieg unbeschadet und konnte am 12. September 1946 erstmals wieder Friedrichshafen anlaufen.
Auf einer dieser ersten Fahrten wurden auch Kinder aus Friedrichshafen und dem Umland in die Schweiz eingeladen, wo sie verpflegt wurden und für einen Tag die Not vergessen konnten.


MS Thurgau bei seinem ersten Nachkriegs-Besuch in Friedrichshafen am 12.09.1946
(Bild: Archiv BSB)

In den Nachkriegsjahren ändert sich kaum etwas am Einsatz von MS Thurgau für Sonderfahrten und im Kursverkehr zum deutschen Ufer.
Im Winter 1958/59 wird MS Thurgau in Kressbronn umgebaut und erhält ein moderneres Aussehen. Dabei werden neben dem Vorschiff auch die Brückenaufbauten verändert.
In den folgenden Jahren wird der Querverkehr zum deutschen Ufer immer mehr ausgedünnt. Zwischen Romanshorn und Friedrichshafen verkehren jetzt fast ausschließlich die neueren Fährschiffe "Romanshorn" und "Rorschach" (heute MF Friedrichshafen).
MS Thurgau ist nun vorwiegend im Kursverkehr entlang des Schweizer Ufers anzutreffen.


MS Thurgau im Sommer 2006 vor Romanshorn
(Bild: Archiv Bodenseeschifffahrt.de)

An diesem Einsatzgebiet hat sich bis heute kaum etwas geändert. Neben dem Kursverkehr zwischen Rorschach - Romanshorn und der Insel Mainau, wird MS Thurgau, das immer wieder modernisiert wurde auch für zahlreiche Sonderfahrten eingesetzt. Dazu zählen im Winter die beliebten Fondue-Fahrten ebenso wie im Sommer die "Barca Italiana" oder die Spezialitäten-Fahrten im Herbst.
Durch den Verkauf der SBB-Schifffahrt an private Investoren im Winter 2006/2007 wird sich der Einsatz für Sonderfahrten noch erhöhen und MS Thurgau soll noch eine ganze Weile auf dem See verkehren.

Wir wünschen weiterhin gute Fahrt und noch viele Jahre auf dem Bodensee!

(Bodenseeschifffahrt.de v. 17.05.07)

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